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Darwin Correspondence Project

From Ernst Krause1   4 December 1880

Berlin, | Friedenstrasse 11. 3. Tr.

den 4.12.80.

Hochverehrter Herr!

Ihr gütiges Schreiben vom 28.t Nov.:, welches ich einer kleinen Reise wegen, erst heute empfing, verursachte mir eine grosse Freude.2 Ich glaube Ihnen versichern zu können, dass die Pangenesis-Theorie auf dem Continente mehr Anhänger hat, als die Perigenesis-Theorie, die den Meisten nur als ein Bild erscheint, was momentan bestechen kann. Viele stossen sich nur an dem Worte “Keimchen”, weil sie dabei an Knospen u. dergl. denken, während doch jedes Partikelchen organisirter Materie diesem Begriffe entsprechen kann.3

Da Ihnen die Mittheilung über Fr. Müllers Beobachtung von Interesse ist, und es möglicherweise, weil das Januarheft des Kosmos bereits gefüllt ist, noch vier Wochen dauern kann, bis sie im Kosmos erscheint, so füge ich Ihnen eine Abschrift derselben bei, weil ich fürchte, dass Ihnen meine kurze Mittheilung darüber eine nicht ganz genaue Idee gegeben haben möchte.4 Die betreffende Mittheilung lautet, wie folgt:

“Wenn bei Krebsen verlorene Glieder sich neu bilden, haben sie mehrere Häutungen zu bestehen, ehe sie ihre volle Grösse und ihre regelrechte Gestalt wiedererlangen. Wie bei der Entwicklung des ganzen Thieres, geschieht es auch bei dieser Neubildung einzelner Gliedmassen nicht selten, dass die früheren Zustände den Gliedmassenbau der Vorfahren wiederholen. Zwei hübsche Beispiele bot mir eine kleine Garneele des Itajahy (Atyoida Potimirim)5   Die Scheeren der beiden ersten Fusspaare des Mittelleibes sind bei dieser Art in ganzer Länge gespalten, so dass sie fast nur aus den beiden Fingern, ohne eigentliche Hand bestehen; das Enddrittel jedes Fingers trägt einen dichten Pinsel sehr langer Borsten. Bei einer in Neubildung begriffenen Scheere war eine deutliche Hand vorhanden, fast so lang wie die Finger, und von diesen war der bewegliche ein wenig länger, als der unbewegliche Daumen. So erinnerte die junge Scheere an die in der verwandten Gattung Caridina gewöhnliche Bildung (wie sie Milne Edwards von C. typus, Heller von C. Desmarestii gezeichnet hat),6 zeigte sich jedoch noch ursprünglicher darin, dass die Finger nicht löffelartig ausgehöhlt und am Ende nur mit sehr wenigen ganz kurzen Dornen besetzt waren.

Noch schlagender ist der zweite Fall. Beim dritten und vierten Fussspaare des Mittelleibes trägt der Schenkel an seinem Unterrande drei, seltener vier starke bewegliche Dornen und ein solcher steht an der Aussenseite nahe dem Ende des Schenkels; das letzte Glied dieser Füsse hat ausser dem starken Enddorn, seinen Unterrand mit 5–8 krummen Dornen bewehrt. Das fünfte Fusspaar weicht dadurch ab, dass der Unterrand des Schenkels nur einen oder zwei bewegliche Dornen besitzt und dass der lange grade Unterrand des letzten Gliedes einen Kamm trägt, der aus zahlreichen (bis gegen 40) dichtstehenden, schlanken, graden Dornen gebildet ist. Ein in Neubildung begriffnen, der Häutung naher Fuss des fünften Paares zeigte nun den etwas gebogenen Unterrand des letzten Gliedes in seinen beiden letzten Dritteln mit etwa fünfzehn ziemlich weitläufig stehenden, meist ebenso begogenen Dornen besetzt, während unter der Haut schon ein prächtiger regelrechter Kamm für die nächste Häutung fertig lag. Der Schenkel trug, wie der des dritten und des vierten Fusspaares, drei grosse bewegliche Dornen am Unterrande; unter der Haut aber lagen nur zwei neue Dornen, so dass also der Schenkel nach der Häutung nicht mehr denen der vorangehenden Fusspaare, sondern dem anderen desselben Paares geglichen haben würde. Man darf diesen Befund wohl dahin deuten, dass bei den Vorfahren der Atÿoida die drei letzten Fusspaare gleichgebildet waren und dass erst später das fünfte Paar einen oder zwei der Schenkeldornen verlor und an seinem Ende einen Kamm zum Reinigen namentlich der Hinterleibsfüsse erhalten habe.”

Was die Angelegenheit des Kosmos betrifft, so höre ich, dass der Verleger, hinter meinem Rücken (!) die Zeitschrift an einen andern Buchhändler verkauft hat (Herrn E. Koch7 in Stuttgart, den Verleger Ihrer Werke)   Derselbe geht damit um, den Kosmos in eine Wochenschrift zu verwandeln, als deren Redacteur der bekannte Reisende u. Geograph Friedrich von Hellwald8 ausersehen sein soll. Da dieser auf geographischem und ethnologischen Gebiete ungemein fruchtbare Autor von Naturwissenschaften (Physik, Chemie, Botanik, Zoologie, Geologie, Astronomie) auch nicht die leiseste Ahnung besitzt, so werden die deutschen Vertreter des Darwinismus diese buchhändlerische Speculation allgemein verabscheuen, da es sich hierbei nur um eine offenbare Schädigung der Sache handeln kann. Man räth mir nun, ich möchte die Monatschrift in der bisherigen Form in einem andern Verlage fortsetzen, aber ich weiss nicht, ob ich einen Verleger finden werde, der hierzu den Muth besitzt. Die Mitarbeiter würden mit wenigen Ausnahmen sämmtlich meiner Zeitschrift getreu bleiben, da man allgemein annimmt, dass eine darwinistische Zeitschrift unter Hellwald’s Leitung der Sache nicht nützen kann. Ich für meine Person würde viel lieber die Zeitschrift völlig und ohne Nachfolge eingehen, als sie in völlig unberufene Hände ausgeliefert sehen. Prof. Haeckel, Dr. Fritz u. Hermann Müller9 und viele andere sind genau derselben Ansicht. Aber gegen Buchhändler-Complotte ist schwer anzukämpfen.

Dass Professor Jaeger in Stuttgart das Unglück gehabt hat, unter einen Eisenbahnzug zugerathen habe ich soeben mit der grössten Theilnahme in den Zeitungen gelesen.10 Die Räder sollen ihm über die Beine gegangen sein, und die Amputation des einen Beines nöthig machen. Hoffentlich ist das Unglück nicht so gross, wie es aus der Nachricht erscheinen könnte. Man klammert sich bei solchen Schreckensbotschaften gern an die Hoffnung, dass es eine falsche Nachricht sein könnte.

Ich wünsche sehr, Ihnen ein ander Mal erfreulichere Mittheilungen machen zu können und zeichne, hochverehrter Herr | In innigster Dankbarkeit | Ihr | ergebenster | Ernst Krause

Footnotes

For a translation of this letter, see Appendix I.
In the German translation of Variation, Julius Victor Carus had translated the word ‘gemmule’ as ‘Keimchen’, a diminutive form of ‘Keim’, which can be translated as ‘bud’, ‘sprout’, or ‘germ’ (see Carus trans. 1873, p. 492 and passim). CD had expressed the opinion that the case of limb regeneration Krause had mentioned could be better explained by CD’s theory of heredity, pangenesis, than by Ernst Haeckel’s theory, perigenesis (see letter to Ernst Krause, 28 November 1880 and n. 4). On pangenesis, see Correspondence vol. 13, letter to T. H. Huxley, 27 May [1865]; on perigenesis, see Correspondence vol. 24, letter from Ernst Haeckel, 9 May 1876.
Fritz Müller’s short communication, ‘Haeckel’s biogenetisches Grundgesetz bei der Neubildung verlorener Glieder’ (Haeckel’s biogenetic law in the regeneration of lost limbs; F. Müller 1881b), the text of which is copied in full in this letter, appeared in the February 1881 issue of Kosmos.
Atyoida potimirim is a synonym of Potimirim potimirim, a species of freshwater shrimp of the family Atyidae, known in Brazil as the tiny or neon shrimp.
The genus Caridina is also in the family Atyidae. Henri Milne-Edwards figured C. typus (Australian amano shrimp) in Milne-Edwards 1834–40, Atlas, Pl. 25 bis, figs. 4 and 5. Camil Heller figured C. desmarestii (a synonym of Atyaephyra desmarestii) in Heller 1863, Pl. VIII, fig. 3.
Eduard Koch was the head of E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung.
Friedrich von Hellwald was at this time the editor of the popular weekly Das Ausland.
Fritz and Hermann Müller were regular contributors to Kosmos.
Gustav Jäger had been a co-editor of Kosmos from 1877 to 1879. The newspaper report has not been identified; Krause later discovered that the report referred to another person (see Correspondence vol. 29, letter from Ernst Krause, 2 January 1881).

Bibliography

Carus, Julius Victor, trans. 1873. Das Variiren der Thiere und Pflanzen im Zustande der Domestication. By Charles Darwin. (German translation of Variation.) 2d edition. 2 vols. Stuttgart: E. Schweizerbart’sche Verlagshandlung (E. Koch).

Heller, Camil. 1863. Die Crustaceen des südlichen Europa. Crustacea Podophthalmia. Vienna: Wilhelm Braumüller.

Milne-Edwards, Henri. 1834–40. Histoire naturelle des crustacés, comprenant l’anatomie, la physiologie et la classification de ces animaux. 4 vols. Paris: Librairie encyclopédique de Roret.

Müller, Fritz. 1881b. Haeckels biogenetisches Grundgesetz bei der Neubildung verlorener Glieder. Kosmos 8 (1880–1): 388–9.

Variation: The variation of animals and plants under domestication. By Charles Darwin. 2 vols. London: John Murray. 1868.

Translation

From Ernst Krause1   4 December 1880

Berlin, | Friedenstrasse 11. 3. Tr.

4.12.80.

Highly esteemed Sir!

Your kind letter of 28th Nov.:, which owing to a brief trip I received only today, has given me great pleasure.2 I believe I can assure you that the theory of pangenesis has more followers on the Continent than the theory of perigenesis, which to most people seems a mere idea that is momentarily fascinating. Many take exception only to the word “Keimchen”, because it makes them think of buds & similar things, although actually any particle of organised matter can be referred to by this term.3

Since the communication about Fr. Müller’s observation is of interest to you, and since it might possibly take another four weeks until it appears in Kosmos, as the January issue is already full, I am adding a copy of it for you, because I fear that my brief report on it may not have given you a precise enough idea.4 The communication in question is as follows:

“When lost limbs are regenerated in crustaceans, they go through several moults before reaching their full size and regular shape. As in the development of the whole animal, it is not uncommon in the regeneration of single limbs that the earlier stages recapitulate the earlier state of the extremities. A little shrimp of the Itajahy (Atyoida Potimirim)5 provided me with two nice examples   In this species, the claws of the first pair of thoracic legs are split lengthwise all the way, so that they consist almost of just the two fingers, without a true hand; the last third of each finger carries a thick brush of very long setae. In a claw during regeneration there existed a distinct hand, almost as long as the fingers, and of these the mobile one was slightly longer than the immobile thumb. Thus the young claw resembles in build that common in the related genus Caridina (as Milne Edwards has drawn it for C. typus and Heller for C. Desmarestii),6 but appeared even more primitively in that the fingers were not hollowed out in a spoon-like manner and in that they were equipped with only very few spines at the end.

Even more striking is the second case. In the third and fourth pair of thoracic legs the femur has three, less commonly four, very flexible spines on its lower edge and another on the outside near the end of the thigh; in addition to the strong terminal spine, the last segment of these limbs is armed with 5–8 curved spines at its underside. The fifth pair of legs differs in that its underside has only one or two flexible spines and that the long straight underside of the last limb has a crest that is formed by numerous (up to around 40) densely packed, thin, straight spines. In the process of regeneration, the moulting of the near foot of the fifth pair of limbs displayed a slightly curved underside covered, in the last two thirds, with around fifteen, mostly likewise curved spines that were fairly distantly spaced, while under the skin a splendid real crest lay ready for the next moult. The femur, like that of the third and fourth pair of legs, had three large flexible spines on the underside; under the skin however lay two new spines, so that after the moult the femur would not have resembled those of the previous pair of legs but the other one of the same pair. These findings may well indicate that in the ancestors of the Atyoida the last three pairs of legs were shaped identically and that only later the fifth pair lost one or two of the spines of the femur, and acquired a crest on its end especially for the purpose of cleaning the abdominal legs.”

Concerning the matter of Kosmos, I hear that the publisher has sold the journal, behind my back (!), to another publisher (Mr E. Koch7 in Stuttgart, who publishes your works)   The latter is thinking of turning Kosmos into a weekly, with the well-known traveller & geographer Friedrich von Hellwald8 to be chosen as editor. Since this uncommonly prolific author in the fields of geography and ethnology, does not know the first thing about the natural sciences (physics, chemistry, botany, zoology, geology, astronomy), German proponents of Darwinism will generally abhor this booksellers’ speculation, as this can only mean an obvious injury to the situation. I am now being advised to continue the monthly in its previous form with another publishing company, but I do not know whether I shall find a publisher who has the courage for this. With few exceptions, all my collaborators would loyally continue with my journal, for it is generally assumed that a Darwinistic journal under Hellwald’s direction cannot help the situation. I for my part would much rather see the journal perish completely and without a successor than watch it fall into wholly incompetent hands. Prof. Haeckel, Dr Fritz & Hermann Müller9 and many others share exactly the same view. However, battling against booksellers’ plots is difficult.

I just read with the deepest sympathy in the newspapers that Professor Jaeger in Stuttgart had the misfortune of falling under a train.10 It is said that the wheels ran over his legs and one of his legs needs to be amputated. Hopefully the accident was not as grave as it would seem from the report. With such alarming news, one tends to cling to the hope that it might be a false report.

I hope to be able to bring you more welcome news some other time and remain, most esteemed Sir | with heartfelt gratitude | Yours | most devoted | Ernst Krause

Footnotes

For a transcription of this letter in its original German, see pp. 454–6.
In the German translation of Variation, Julius Victor Carus had translated the word ‘gemmule’ as ‘Keimchen’, a diminutive form of ‘Keim’, which can be translated as ‘bud’, ‘sprout’, or ‘germ’ (see Carus trans. 1873, p. 492 and passim). CD had expressed the opinion that the case of limb regeneration Krause had mentioned could be better explained by CD’s theory of heredity, pangenesis, than by Ernst Haeckel’s theory, perigenesis (see letter to Ernst Krause, 28 November 1880 and n. 4). On pangenesis, see Correspondence vol. 13, letter to T. H. Huxley, 27 May [1865]; on perigenesis, see Correspondence vol. 24, letter from Ernst Haeckel, 9 May 1876.
Fritz Müller’s short communication, ‘Haeckel’s biogenetisches Grundgesetz bei der Neubildung verlorener Glieder’ (Haeckel’s biogenetic law in the regeneration of lost limbs; F. Müller 1881b), the text of which is copied in full in this letter, appeared in the February 1881 issue of Kosmos.
Atyoida potimirim is a synonym of Potimirim potimirim, a species of freshwater shrimp of the family Atyidae, known in Brazil as the tiny or neon shrimp.
The genus Caridina is also in the family Atyidae. Henri Milne-Edwards figured C. typus (Australian amano shrimp) in Milne-Edwards 1834–40, Atlas, Pl. 25 bis, figs. 4 and 5. Camil Heller figured C. desmarestii (a synonym of Atyaephyra desmarestii) in Heller 1863, Pl. VIII, fig. 3.
Eduard Koch was the head of E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung.
Friedrich von Hellwald was at this time the editor of the popular weekly Das Ausland.
Fritz and Hermann Müller were regular contributors to Kosmos.
Gustav Jäger had been a co-editor of Kosmos from 1877 to 1879. The newspaper report has not been identified; Krause later discovered that the report referred to another person (see Correspondence vol. 29, letter from Ernst Krause, 2 January 1881).

Bibliography

Carus, Julius Victor, trans. 1873. Das Variiren der Thiere und Pflanzen im Zustande der Domestication. By Charles Darwin. (German translation of Variation.) 2d edition. 2 vols. Stuttgart: E. Schweizerbart’sche Verlagshandlung (E. Koch).

Heller, Camil. 1863. Die Crustaceen des südlichen Europa. Crustacea Podophthalmia. Vienna: Wilhelm Braumüller.

Milne-Edwards, Henri. 1834–40. Histoire naturelle des crustacés, comprenant l’anatomie, la physiologie et la classification de ces animaux. 4 vols. Paris: Librairie encyclopédique de Roret.

Müller, Fritz. 1881b. Haeckels biogenetisches Grundgesetz bei der Neubildung verlorener Glieder. Kosmos 8 (1880–1): 388–9.

Variation: The variation of animals and plants under domestication. By Charles Darwin. 2 vols. London: John Murray. 1868.

Summary

Comments on Pangenesis. Quotes long passage from article by Fritz Müller concerning regeneration of lost members among crustaceans.

Kosmos has been sold to Eduard Koch in Stuttgart; will be converted into a weekly. Science will be de-emphasised. Krause seeking new publisher to continue on old basis.

Gustav Jäger injured in train accident.

Letter details

Letter no.
DCP-LETT-12889
From
Ernst Ludwig (Ernst) Krause
To
Charles Robert Darwin
Sent from
Berlin
Source of text
DAR 169: 111
Physical description
ALS 4pp (German)

Please cite as

Darwin Correspondence Project, “Letter no. 12889,” accessed on 22 November 2024, https://www.darwinproject.ac.uk/letter/?docId=letters/DCP-LETT-12889.xml

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