Hochgeehrter Herr!

Sie würden mich verpflichten wenn Sie mir mittheilen wollten, ob Sie,—wie ich glaube gehört zu haben—mit ausgedehnten Untersuchungen über die durch Stoss und Contact veranlassten Bewegungen (Mimosa, Staubfäden der Cynareen, u.s.w) beschäftigt sind.² In diesem Falle möchte ich nämlich nicht, wie ich andernfalls beabsichtige, dieses Thema zum Gegenstand erneuter und ausgedehnter Untersuchungen machen.

Den 2 Band meiner Physiologie hoffe ich in nicht ferner Zeit Ihnen übersenden zu können.³ Das Erscheinen ist durch Einstellung des Druckes während einer Ferienreise etwas verzögert worden.

Die durch Ihre Untersuchungen so wesentlich geförderte Kenntniss der Bewegungsvorgänge musste ich, der Tendenz meines Buches gemäss, in erster Linie von physiologischer Seite behandeln und musste desshalb mehr beiläufig auf die biologische Bedeutung hinweisen.⁴ Dieses hat naturgemäss auf Anordnung und Darstellung Einfluss gehabt und herbeigeführt, dass manches in einem anderen Gewand als in Ihrem Buche erscheint. In einzelnen Fällen habe ich mich jedoch auch in principieller Hinsicht den von Ihren vertretenen Auffassungen nicht anzuschliessen vermocht, indess halte ich die Differenzen, die ich hier nicht weiter namhaft machen will, kaum so tiefgreifend als es dem Leser villeicht auf den ersten Blick scheinen wird.

Bei dieser Gelegenheit darf ich mir wohl die Bemerkung erlauben, dass Sie einigemal in früheren Arbeiten von mir vertretene Ansichten nicht in meinem Sinne auffassten. Während ich die zur mechanischen Ausführung dienenden Mittel behandelte, habe ich villeicht und begreiflicherweise nicht an jeder Stelle besonders bemerkt, dass die äusseren Ursachen eben nur die Bedeutung durch specifische Receptivität ermöglichten auslösender Wirkungen haben, anders als solche Reizursachen habe ich aber Licht, Contact u.sw. nie angesehen und wiederholt dieses direkt bemerkt. So habe ich u.a. auch nicht (wie Sie in Ihrem Buche über Bewegungsvermögen p. 407 Anmkg. sagen) von einer Nachwirkung des Lichtes gesprochen, sondern nur von einer Nachwirkung der vorausgegangen Bewegungen und sogar wiederholt betont, dass die thatsächlich ausgeführten Bewegungen maassgebend für die Nachwirkungsbewegungen seien.⁵ In diesem Sinne bestreiten Sie ja selbst die Nachwirkungen nicht, denen sich, ohne scharfe Grenze, die Erblichkeit anschliesst, wenn nämlich die einst inducirten Vorgänge über längere Zeiträume ausgedehnt werden.

Einliegend erlaube ich Ihnen meine Photographie zu senden und soll es mich sehr freuen, wenn Sie dieselbe als kleines Zeichen meiner höchsten Verehrung annehmen wollen⁶

Mit ausgezeichneter Hochachtung | Ihr | ergebener | Prof. D^r W. Pfeffer

[Contemporary translation]

Tübingen

Oct 24. 1881.

Highly honoured Sir.

I should be much obliged if you would tell me whether (as I think I have heard) you are occupied with further researches concerning the movements caused by pushing and contact (Stoss und Contact) (Mimosa, stamens of ....…? &c.) As, in this case I should not, as I otherwise intend, make this subject (Thema) the object of renewed and extended researches.

The second volume of my physiology I hope before long to send you. Its appearance has been somewhat delayed through the stopping of the printing during my vacation tour.

The knowledge of the movement processes, (Bewegungsvorgänge) so essentially furthered by your researches, I have been obliged, in accordance with the tendency of my book, to treat, in the first place, from the physiological side, and have been obliged therefore to point out more parenthetically the biological significance. This has naturally had an influence on arrangement and mode of presentation, (Darstellung) and has caused many/some things to appear in a different dress from what they had in your book. There are however a few cases in which, in some important respects, I have not been able to fall in with the views maintained by you; I consider, however, that the differences/divergencies (which I will not here indicate particularly) are hardly so far reaching as perhaps at the first glance will appear to the reader.

May I be allowed to take this opportunity of remarking that you have occasionally in your former works not understood in my sense the views maintained by me. While I was treating of the means which serve for (the) mechanical accomplishment, I have perhaps—not unnaturally—failed specially to state in every place that external causes have only the significance of (auslösender???) activity made possible in consequence of specific Receptivity. I have never looked upon light, contact &c but as such irritant causes, & this I have repeatedly directly stated.

For instance I did not (as you say in your book on the Power of Movement page 407) speak of the after working (Nachwirkung) of Light, but only of an after working of the preceding movements, and have even repeatedly insisted that the actually carried out movements determine the after working movements. In this sense you yourself do not deny the after workings (Nachwirkung) and with this, without sharp boundaries, in heritability (die Erblichkeit) fits in,— that is if the once induced proceedings/Vorgänge? are extended over longer periods.

I venture to enclose my photograph, & I should be glad if you w^d. receive it as a mark of my highest veneration— I am &c &c

Prof. D^r. W. Pfeffer.